20160311

morning without dawn 無明の朝 mumyō no asa

So hat nun unsere Nahrung, jenes kostbare Gespann aus Speys und Trank, eine schizophrene Persönlichkeit ausgebildet; und ich möchte hier nicht unnötig impulsiv sprechen zu jenen sogenannten Lebensmitteln unserer okzidentalen und von industrialisierten Mechanismen verzehrten Zivilisation, die unsere Sinne und Säfte, ja unseren gesamten Soma, programmatisch und profitorientiert besudeln und verderben. Bereitet uns die Nahrung also noch akute und genußvolle Kräftigung, zur Aufrechterhaltung unseres lebenden Körpers, so beschädigt sie uns nun gleichsam auf langfristige Sicht, nicht aus Böswilligkeit, sondern als Ergebnis jenes glockenlauten Zusammenklangs zweier unpäßlicher Umstände, die am 11. März 2011 in Fukushima einer bedeutungsschweren Begegnung anheim fielen, jene von einem natürlichen Seebeben aufgewühlten und aufgetürmten Meereswogen und jene vom menschlichen Geiste erdachten und daher fehleranfälligen Energiegewinnungsmethoden, ein bis in weite zeitliche Ferne hörbarer Glockenschlag[1], der nicht nur das Meer, sondern auch den einst ersprießlichen und fruchtbaren Mutterboden, aus dem wir einen Großteil unserer eßbaren und nährenden Güter beziehen, nachhaltig vergiftet hat.
1 Alexander Kluge, Das fünfte Buch: Neue Lebensläufe. 402 Geschichten, Kosmische Musik.
Das Beben, das Japans Nordinsel um vier Meter nach Osten versetzte, war mit seinem Glockenschlag noch in den Schweizer Bergen zu messen. Der ganze Erdball empfing diesen Puls, dies sind, nach Johannes Kepler, die Akkorde des Planeten Erde. Einige der Töne haben eine Folge von tausend Jahren.

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